Der erste Satz aus Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek:
Lippen.
Ich hatte das Buch in der Buchhandlung gesehen und ich mochte den Titel und das Cover. Der Buchrücken versprach eine spannende und lustige Abenteuerreise. Und ich freute mich auf eine unterhaltsame Roadnovel. Hätte ich doch bloß nicht drauf gehört. Das Buch ist eine Mogelpackung, in jeder Hinsicht. Es geht nicht um eine Reise mit dem Bücherbus. Es geht um eine Flucht mit dem Bücherbus. Und die Flucht beginnt erst etwa ab der Hälfte des Buches. Und es ist keine leichte Abenteuerliteratur. Streckenweise ist der Roman so brutal und voller Gewalt, dass ich nicht durchgehend lesen konnte, sondern das Buch zur Seite legen musste.
Wenn man dann seine Erwartungen hinter sich gebracht hat und sich darauf einstellt, etwas ganz anderes zu lesen, als geplant, dann ist das auch gut möglich. Whitehouse hat eine Sprache voller Bilder, eine sehr lyrische Prosa. Sie klingt manchmal ein wenig gewollt, und der Erzähler hat eine Haltung, die ich nicht immer mag, aber im Großen steckt im Buch einige Stellen, die ich unterstreichen möchte. Die Geschichte ist eine Erzählung über das Leben und die Literatur und wie aller miteinander zusammenhängt. Eine Geschichte, die man gut lesen kann und die auch bis zum Ende spannend ist, auch wenn besonders die Nebenfiguren klischeehafte und eindimensionale Züge haben und die Handlung stellenweise lückenhaft und unglaubwürdig ist.
Also, wenn man sich darauf einstellt, dann bekommt man eine Geschichte mit vielen schönen Wortkombinationen. Aber mit dem Cover, dem Titel und dem Klappentext wird hier etwas versprochen, was nicht gehalten wird.
Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek von David Whitehouse wurde übersetzt von Dorothee Merkel und erschien im Tropen Verlag.
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