Im Himmel, ganz oben, konnte ich einige ziehende Wolken erkennen, und da begriff ich, ich hatte überlebt.
Der erste Satz aus Unter der Drachenwand
Veit wird im zweiten Weltkrieg verwundet und kommt nach Mondsee (unter der Drachenwand), um zu gesunden und vom Krieg eine Auszeit zu haben.
Dort trifft er auf die kauzigen Individuen einer Gemeinschaft, die auf ihre eigene Art vom Krieg betroffen sind: Seine Quartiersfrau, der Gärtner, den alle nur den Brasilianer nennen, und sein Onkel, der Kommandant im Ort. Veit ist nicht der Einzige, der hier Schutz und Ruhe sucht, im Dorf sind auch eine Gruppe an Schülerinnen aus Wien und die Darmstädterin mit ihrem frisch geborenen Kind, die ihm Zimmer neben ihm wohnt.
In diesen Umständen zimmert er sich ein Leben zurecht, aus dem er nicht so schnell wieder wegwill. Aber der Krieg lässt niemanden los.
Arno Geiger erzählt nicht nur das Schicksal von Veit, sondern webt mit Briefen noch weitere Geschehnisse mit ein: Das Leben im Luftschutzkeller in Darmstadt, ein exemplarisches Schicksal einer jüdischen Familie oder die junge Liebe einer Schülerin.
Ich brauchte eine Weile, bis ich in der Sprache war, bis ich Veit folgen konnte. Irgendwann kannte ich ihn, konnte mit Veit zumindest bis zu einem gewissen Grad mitfühlen, verstand seine Motivation und wieso er tat, was er tat. Und irgendwann mochte ich auch die Sprache und die Bilder.
Aber bis zum Ende blieb der Roman über große Strecken zäh. Und so beklemmend die Briefe aus dem Luftschutzbunker oder aus der Sicht der jüdischen Familie beschrieben werden, leider ist das die Art, wie sehr oft über diese Zeit berichtet wird. Was es nicht schlechter macht, aber bei mir Ermüdungserscheinungen hervorgerufen hat.
Was mich tatsächlich aufgeregt hat, war die gefühlt verzweifelte Anstrengung, zu verbergen, dass Veit ja eigentlich ein Nazi ist. Begriffe wie Hitler und der Führer werden vermieden und nicht ausgeschrieben, der Hitlergruß wird nie so genannt und bis fast zum Ende enthält sich Veit einer Positionierung.
Ich verstehe, dass dies damals vielleicht die realistischste Art war, mit Nazis umzugehen, wenn man nicht ganz auf ihrer Seite war, aber sich nicht traute, sich offen gegen sie zu stellen. Aber in einem Roman aus der Ich-Perspektive will ich dann nicht nur die Handlungen und nach außen getragenen Haltungen interpretieren müssen, ich will wissen, wie Veit darüber denkt. Und das verbietet er mir.
Ich mochte einige Momente und Stellen in diesem Roman, aber ich musste viel Energie aufbringen, um sie herauszuarbeiten. Ich kann nicht abschätzen, ob sich das gelohnt hat.
Unter der Drachenwand von Arno Geiger erschien bei Hanser. Mir wurde im Rahmen von Stuttgart liest ein Buch ein Exemplar zur Verfügung gestellt.
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