Das Schanzenzelt ist komplett gefüllt, Menschen rücken auf den Sitzbänken zusammen, alle unterhalten sich, bis das Licht gedimmt wird und und alle still sind. Wie krass die Vorfreude, aber auch das Wohlwollen spürbar sind. Tara wird angesagt und steht dann auf der Bühne, ein kleines Wohnzimmer inklusive Sessel, auf dem sie den Abend verbringen wird.
Tara auf der Bühne ist Tara online ziemlich ähnlich, aber vielleicht noch ein Tacken ungefilterter und spontaner. Sie erzählt, wie scheiße der Tag bisher war (Unter anderem Leseexemplar und Switch im letzten Hotel vergessen. Kack.) und ist eben nicht „aber das ist alles okay, weil ich so cool und selbstbewusst bin“, sondern sie zeigt sie verletzlich auf eine Art, die ich und wahrscheinlich viele Menschen sehr gut nachvollziehen können.
Tara erzählt und liest, sie reagiert auf Einwürfe aus dem Publikum und sagt oft, was ihr gerade durch den Kopf geht. Diese ungeplanten Momente sind die stärksten. Wenn nach dem Absatz über Mütter (und die krasse Arbeit, die sie leisten) das Kind im Kinderwagen zu weinen beginnt und Taras Augen groß werden, als ob ihr Herz schmilzt und sie gleichzeitig beschämt darüber ist, dass wir es durch den Applaus geweckt haben. Sie sieht uns an und fragt, „Wie mach ich jetzt weiter? Mach ich jetzt weiter?“ Oder wenn ihr Handy pingt und sie sich erst dafür entschuldigt, dass es laut ist, uns dann aber die Nachricht ihres allerersten Freundes vorliest, der sich seit Jahren nicht gemeldet hat. So weird, so sehr aus dem Leben einer Frau heutzutage, dass es wie die Bestätigung all dessen ist, was Tara uns bisher vorgelesen und erzählt hat. Sowieso nicken und kennen die Frauen um mich herum viele der Dinge, die Tara erzählt.
Sind auch gefühlt zu 95% Frauen*, die da sind. Was einerseits schade ist, weil Männer das mehr hören sollten. Andererseits fühlt sich so der Großteil der Menschen im Zelt verstanden und sie, als Gruppe inklusive Tara, wissen, dass sie mit den Erfahrungen und Gedanken und Gefühlen nicht alleine sind. Was nichts besser macht, hoffentlich aber ein bisschen einfacher, damit umzugehen oder daran zu arbeiten.
Die zweite Hälfte nach der Pause ist besonders stark. Wie als wenn wir alle zurück auf unsere Plätze gekommen sind, gesehen haben, dass die anderen noch da sind und sich alle ein bisschen entspannen können.
Da Schanzenzelt hat einen strikten Zeitplan, weshalb Tara ziemlich pünktlich fertig macht. Aber danach geht es ans Signieren und als wir nach Hause gehen, reicht die Schlange einmal durch das Zelt und bis vor den Eingang auf die Wiese.
Das Hörbuch liegt schon bereit. Schöner Abend war das. Viel zum Denken und auch einiges zu lachen. Danke. Gerne wieder.
Tara-Louise Wittwer ist mit „sorry, aber …“ noch in ein paar Städten. Offiziell alles ausverkauft, aber vielleicht kann kleinanzeigen helfen. OHA Music hat mir Pressetickets für die Lesung zur Verfügung gestellt.
Schreibe einen Kommentar