Schönes Ding: Die Jury des Twitter-Lyrik-Wettbewerb hat mich zum Gewinner gekürt. Mein Tweet:
Sehe Bilder aus Japan, bin erschüttert und denke: Was für ‘ne Scheiße. Finde kein Bier im Kühlschrank, bin erschüttert und denke dasselbe.
Die Begründung:
Der Beitrag hebt sich wohltuend, gekonnt und provozierend vom Betroffenheitskitsch und anderer »Katastrophenlyrik« ab. In sarkastisch-ironischer Weise bringt er die kurze Aufmerksamkeitsspanne auf den Punkt, die selbst eine so unvorstellbare Katastrophe wie die in Japan sowohl beim Einzelnen als auch in den Medien bekommt. Gerade noch »erschüttert«, sind im nächsten Augenblick schon wieder alltäglich banale Dinge wichtiger oder andere Medienthemen wie EHEC und Frauenfußball bestimmen die Schlagzeilen. Es ist ein gesellschaftskritisches und politisches Gedicht im besten Sinne und eine Variation des Brechtschen Wortes: »Erst kommt das Fressen und dann die Moral.«
Gerade weil die Katastrophe in vielen Gedichten mit »erstickten Schreien«, »Schreien, die in der Luft gefrieren« oder »dem Aufschrei der Trauernden« peinlich verkitscht wurde, stellt das Gewinnergedicht die Realität mit schlichter Wortwahl dar. Es mag provozieren und anecken – und das ist gut!
Obwohl dies kein weiteres Entscheidungskriterium für die Jury war, drückt dieses Gedicht das aus, was wir mit dem Wettbewerb bewirken wollten: Vergesst die Opfer nicht, weder die in Japan noch die der anderen Katastrophen, egal ob durch Menschen oder Natur verursacht.
Danke! Freut mich sehr! Beim Literaturcafé gibt es auch ein Interview mit mir über den Wettbewerb. Das Buch Twitter-Lyrik 3 gibt’s bei den bekannten Onlinehändlern und im analogen Buchhandel. Das Preisgeld, als auch der komplette Erlös des Buchverkaufs geht an Save the Children, zugunsten der Katastrophenopfer in Japan.
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