Robert und Lukas haben schon darüber geschrieben, die Bilder sind auch schon online, jetzt kommt also mein Bericht:
Es ist saumäßig früh an einem Samstag, 11 Uhr. Florek (mein kleiner Bruder), Coco und ich kommen mit dem Zug aus Pforzheim und treffen am Anfang der Königsstraße auf Lukas, Felix und Robert. Wir stehen noch ein bisschen und warten. Obwohl wir zu sechst sind und schon die Schilder in der Hand und die Shirts am Körper haben, habe zumindest ich ein bisschen Skrupel, mich jetzt mitten in den Strom von Menschen zu stellen. Aber dann geht’s los. Mit hochgehaltenen Schildern schlendern wir langsam Richtung Weihnachtsmarkt.
Das erste auf was ich treffe, sind sehr christliche Menschen. Eine ältere Dame, die mir mit ein paar Teebeuteln auch noch ein Gespräch aufzwängen will. Wir übersetzen auf „Kostenlose Umarmungen“ und erklären, das wir nur Freude spenden wollen, sie lacht, sagt dann aber:
„Ja, das hat aber auch eine negative Seite. Weil, es geht ja um Treue und Liebe, die man sich für eine Person aufbewahren sollte. Und wenn man so viele verschiedene Menschen umarmt, dann hat man ja keine Liebe für die eine Person übrig.“
Also, ich bin ja ein sehr diskussionsfreudiger Mensch und ich hatte schon Stoff für den ganzen Samstag im Kopf, aber eigentlich wollte ich Menschen umarmen, also sagte ich nur ich sei einer anderen Meinung, wünsche ihr einen schönen Tag und gehe weiter. Gerade noch aus der Sache rausgekommen. Dann sind wir am Weihnachtsmarkt, postieren uns an verschiedenen Stellen am Eingang des Weihnachtsmarktes.
Anfangs ist es echt ein komisches Gefühl. Mit diesem Schild in der Hand dazustehen und für einen Augenblick der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von verschiedenen fremden Menschen zu sein. Aber dann kommen die ersten Umarmungen und man akklimatisiert sich. Und dann wird es richtig schön. Wir haben strahlenden Sonnenschein, es ist warm und die meisten Leute in der Stadt sind gut drauf, schlendern über den Weihnachtsmarkt. Und dann sehen sie den Typen mit dem Schild „Free Hugs“. Entweder sie kennen die Worte schon oder sie übersetzen sie schnell und dann können sie nicht anders als erstmal zu lächeln oder zu lachen. Und schon in diesem Moment haben wir ihren Tag ein bisschen schöner gemacht.
Aber es kommt noch besser. Sie zupfen ihren Partner / Freund / Kollegen am Ärmel, machen ihn auf uns aufmerksam, dann lächelt er auch noch. Und dann sieht man diesen Gesichtsausdruck, der besagt „Eigentlich würde ich jetzt gern rübergehen und ihn umarmen, aber irgendwie traue ich mich nicht.“ Umso schöner, wenn sie sich dann doch noch trauen!
Und die Leute, die dann doch herüberkommen, sind ganz unterschiedlich. Von kleinen fünfjährigen Kindern, die mir an den Beinen hängen, bis hin zur vielleicht 80-jährigen Großmutter, zu der ich mich hinunterbeuge und sie mir ins Ohr flüstert:
„Seien sie tapfer, junger Mann.“
Faszinierend ist die Ansammlung von Leuten aus anderen Ländern: Spanier, Österreicher, Amerikaner, Schweizer, Iraker und Franzosen kommen strahlen vorbei und Umarmen uns.
You shit me, aren’t ya? – Free Hugs? Here in Germany??? Awsome dude!!!
bekommen wir von einem Amerikaner gesagt.
Ein paar Mädels, die überrascht und total erfreut waren, kamen nach einer halben Stunde wieder und drücken mir eine Riesentafel Schokolade in die Hand. Als Dankeschön, sagen sei, weil ich ihnen den ganzen Tag gerettet habe. Auch andere kommen wieder, weil sie noch eine Umarmung wollen.
Andere fragen nach der Übersetzung, manche beschimpfen uns, ob wir es denn nicht auf Deutsch schreiben könnten.
Viele fragen nach dem Grund der Aktion. Die Antwort ist einfach, wir wollen uns und anderen eine Freude machen. Wir sind keine politische Organisation, obwohl uns einige, angesichts des „Free Tibet“-Standes in der Nähe fragen, was die Hugs denn eigentlich sind. Wir sind auch keine religiöse Splittergruppe, auch wenn ein paar Christliche um uns herum stehen. Und wie Robert auch, gibt’s noch ein paar
Fakten, Fakten, Fakten
- Umarmungen: Ich allein etwa 70, oder so. Irgendwann verzählt man sich. Coco als einizes Mädel wird den Rekord haben mit knapp Hundert ganz alleine. Insgesamt mehrere Hundert!
- An die 10 mal wurde ich gefragt ob ich eine Wette verloren hätte
- Unzählige Male mal habe ich einen Spruch wegen der Schweinegrippe zu hören bekommen
- knapp 5 Mal durfte ich mir etwas über das Verschwinden der deutschen Sprache anhören.
- Oft wurde ich von Fremden fotografiert, viele haben sich danach auch noch umarmen lassen.
- Unzählige Male wurde ich angelächelt und viele dieser Leute kommen dann auch für eine Umarmung.
- Ich schätze fast alle, die sich umarmen ließen, haben sich auch bedankt.
Alles in allem eine sehr schöne Aktion, besonders in der Gruppe.
Aber generell: Wenn euch mal Samstags langweilig ist, bastelt euch ein Schild, geht raus auf die Straße und bringt Leute zum lächeln. Ich verspreche euch, es lohnt sich.
spread the smile – faby
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