Ein Mittwochabend, diese drei Männer zusammen mit Carolin Callies auf der Bühne und zwischen den Besucher:innen ziemlich viele leere Stühle. Komisch eigentlich, sagt auch Stefanie Stegmann, Leiterin des Stuttgarter Literaturhauses. Im Vorfeld sei diese Veranstaltung die gewesen, auf die sie am häufigsten angesprochen worden ist. Und im Livestream sähe das auch nochmal anders aus. Hier im Saal gehöre ich zu den jüngsten und und bin mit wenigen anderen Männern weit in der Unterzahl.
Joachim Zelter, Heinz Helle und Frank Rudkoffsky haben mit „Professor Lear„, „Wellen“ und „Mittnachtstraße“ jeweils einen Roman geschrieben, der sich unter anderem mit dem Motiv brüchiger Männlichkeit auseinandersetzt, mit der Dekonstruktion dessen, was wir als „Mann“ und „männlich“ sehen.
Die drei lesen einen Ausschnitt, eine Ahnung dieser Dekonstruktion und reden danach mit Carolin und miteinander. Keine Diskussion, weil die Leute auf der Bühne sich einig sind, mehr ein sich ergänzendes Gespräch. Das ist schön, die vier funktionieren gut auf der Bühne, machen Spaß und sind sympathisch. Aber bei den Menschen, die zu dieser Veranstaltung kommen, rennen sie natürlich offene Türen ein. Hier sind alle der Meinung, dass Männer auch weinen dürfen. Dass Männer ihren Anteil leisten müssen, Frauen nicht nur Raum zu geben, sondern sie auch darin zu unterstützen. Und dass es noch viel zu tun gibt.
Spannend wird es, als Fragen aus dem Publikum kommen. Wir sind nämlich so wenige, dass sich das zu einer Diskussion im ganzen Raum ausspinnt, nicht nur zu einem Hin und Her zwischen Bühne und Publikum. Warum also sitzen selbst bei diesem Thema nur Männer auf der Bühne? Und wem genau erzählen Männer was von Schmerz und Wut und Tränen? Und wie soll es jetzt weitergehen?
Heinz Helle gibt auf die Frage, warum Männer solche Dinge erzählen und hinterfragen sollten, eine Antwort, die ich zuerst von Chimamanda Ngozi Adichie gehört habe und die seitdem sehr in mir nachklingt: Noch sind lange nicht alle Männer auf dem Stand der drei auf der Bühne und einige hören leider nur anderen Männern zu. Deshalb müssen besonders Männer Feministen werden.
Ich habe oft genickt an diesem Abend und habe neue tolle Menschen kennengelernt, aber ich bin in vielen Fragen genauso ratlos, wie vorher auch noch. Ist noch viel zu tun. Und ich freue mich auf den nächsten Abend dieser Art, der vielleicht ein paar Antworten liefert.
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